Rückblickend habe ich nur gerade mal drei oder vier richtig coole Hochzeiten erlebt. Die anderen? Pflichtübungen, die man aus Freundschaft erträgt: Es beginnt gewöhnlich mit einem Apéro zu einer Zeit, zu der ich noch gerne in den Federn liegen würde. Immerhin macht der Alkohol die Sache erträglich. Dann vorbei am Spalier vom Turnverein (FC, Yoga-Gruppe) zur Kirche. Die Zeremonie zieht sich, weil der Pfarrer endlich mal Full House hat und das weidlich ausnutzt. Danach: Auffrischung des Alkoholpegels und Würdigung des Brautkleids, des Eherings und des gut kaschierten Babybäuchleins. Jetzt der Höllenritt: Die zweistündige Carfahrt mit dem militant lustigen Chauffeur, gefolgt vom Fotomarathon auf irgendeinem Berggipfel, um völlig durchfroren und schwer alkoholisiert zum mörderischen Finale auf der originellen Burg aus dem 12. Jahrhundert einzutreffen, wo man gemäss Tischordnung für die nächsten Stunden zwischen die grössten Langweiler platziert wurde. Das ganze ohne Fluchtmöglichkeit, weil man bis zur nächsten ÖV-Haltestelle drei Kilometer schwimmen oder einen Gewaltmarsch über einen verschneiten Pass unter die Füsse nehmen müsste. Also erträgt man dilettantische Kleinkunstbeiträge und schiesst sich weg, bis man sich anderntags wiederfindet beim Aufsammeln von Luftschlangen und Alkoholleichen. Ich bin eingeladen? Sorry, hab schon was vor.
Kolumne im Tagblatt der Stadt Zürich vom 15. Mai 2013