Polly fliegt wieder

Die letzte Woche war wettermässig sowas von toll. Aber ich werde den Eindruck nicht los, dass ich mehr und mehr von Pollenallergikern umgeben bin. Überall wird Heu geschnupft. Da fallen Sätze wie «Schickt den Hasel nach Basel», «Eschen sollte man verdreschen» oder profaner: «Birken sind Arschlöcher». Nette Menschen werden zu temporären Baumhassern. Mir tun die Leute echt leid, so wie die mitunter dreinschauen: Augen wie Bernhardiner, geschwollene Triefnasen und dann dieses nur-durch-den-Mund-atmen – das macht einem schon als nicht Betroffenen eng in der Brust. Eigentlich ein Wunder, dass es keine radikalen Bewegungen gibt, die Hasel, Esche oder Pappel und andere Pollenverursacher ausschaffen wollen. Aber vermutlich ist denen auch klar, dass es spätestens bei den Gräsern einen Volksaufstand gäbe. Da würde sich nicht nur die Fussballschweiz auflehnen.

Was haben wir sonst noch für Optionen, um der wachsenden Zahl von geplagten Allergikern die Freuden des Frühlings zurückzugeben? Wie wärs mit Neuzüchtungen? Hypoallergene Katzen gibt es ja auch und dem Hanf haben sie auch schon den Rausch ausgetrieben. Warum also nicht allergenfreie Pflanzen? Da müsste sich doch ein Pharmariese dafür interessieren. Wo sind Monsanto und die anderen Agrarchemiker, wenn man die Typen mal wirklich braucht? Natürlich nirgends. War ja klar. Vermutlich wird es irgendwann einen bundesrätlichen Beschluss geben, der Pollenflug über Brusthöhe verbietet. Der wird dann aber durch ein Referendum abgeschmettert.

(Tagblatt der Stadt Zürich, 22. März 2017)

WLANd in Sicht

Wir rauschen ab in die Skiferien und, oh Wunder, meine Teenager-Töchter sind dabei. Ich vermute ja heimlich, dass sie nicht mitkommen würden, wenn die Infrastruktur im Hotel nicht stimmen würde – sprich kein funktionierendes WLAN vorhanden wäre. In meiner Jugend haben wir auch die Gruppe gesucht und den Tag wie die Welpen dicht aneinander gedrängt vorbeigehen lassen. Heute drängen sich die Millenials in WhatsApp-Gruppenchats. Millenials … für unsere Generation gabs nicht mal einen Namen. Wir waren die verlorene Generation: Zu jung für Che Guevara, aber zu alt für Martina Hingis.

Zurück zum Thema: Für Jugendliche, meine Töchter eingeschlossen, ist ein funktionierendes WLAN ein Menschenrecht. Das Hotel muss daher nicht viel bieten: Essen, ein Dach, ein Bett und vielleicht Wände, so wegen Kälte und Privatsphäre und so und (Kunstpause beim Lesen einlegen) eine makellose Anbindung ans Internet. Wenn sie also einen jungen Menschen ins Handy sagen hören: «Du musst jetzt stark sein», dann meint der nicht irgendjemand, mit dem er in Verbindung steht, sondern das WLAN-Signal. Der Tisch in der Bergbeiz wird nicht nach Aussicht auf ein tolles Panorama gewählt, sondern nach Anzahl Balken Signalempfang. Je näher am Router, desto besser. Auch wenn man dann halt am zugigen Eingang neben der nach triefenden Pommes riechenden Essensausgabe sitzt: Hauptsache guter Empfang. A propos Tisch: Hier noch ein Gratistipp: Wenn die Damen zuhause auch nach dem dritten Mal rufen nicht zum Essen erscheinen, einfach WLAN abschalten. Wirkt Wunder.

(Tagblatt der Stadt Zürich 01. März 2017)