R.I.P. CS

Eigentlich wollte ich einen launigen Rückblick auf 10 Jahre Tagblatt-Kolumnen schreiben, aber dann haben Besserverdienende ihre Bank in den Graben gefahren. Die arme Credit Suisse. Zum Glück musste das Roger Federer nicht mehr erleben – so als Aktiver und Gesponsorter, meine ich. Als FCZ-Fan, der einmal mehr das versprochene Fussballstadion zusammen mit der Grossbank den Bach runter gehen sieht, könnte ich Exorzist-mässig kotzen. Aber ich will realistisch bleiben und muss immerhin anerkennen, dass das Grossbanken-Business-Modell brillant ist: Gewinne werden privatisiert, Verluste werden sozialisiert. Und kaum einer muckt auf. Aber wenn Du als Privater deine Firma in den Ruin treibst und vorher noch eine Million abzügelst, kommst Du unweigerlich in den Knast. Wenn Banker die Firma an die Wand fahren, hilft der Staat und die Banker pochen selbst dann noch auf ihre Ansprüche auf Boni in Milliardenhöhe. Das ist ungeheuerlich. Das Selbstverständnis dieser Spezies ist für mich nicht nachvollziehbar.

Chöööläääää, Booooniiiii – ein lustiges Völkchen, diese Bänker.

Haben Sie den Verwaltungsrats-Präsidenten gesehen, wie der an der Pressekonferenz so schlumpfig in die Kamera gegrinst hat? Wie so der Typ im Vampirfilm, der gebissen worden ist, es aber vor seinen Freunden geheim hält. Und dann diese blutleere Ansprache, in der er keinerlei Verantwortung für das Desaster übernimmt. Was war das denn? Chat-GPT für die Business-Class? Ich bin für Drogentests bei Spitzenbankern. Wer mit seinen Handlungen ganze Volkswirtschaften über den Thomas Jordan schicken kann, der soll dabei mindestens einen klaren Kopf haben. In einer gerechten Welt müssten all die Boni-Empfänger, Krawatten- und Entscheidungsträger bis an ihr Lebensende im Steinbruch schuften. Die Nationalbank sollte die Portokasse plündern und den CS-Hauptsitz in ein Hochsicherheitsgefängnis für kriminelle Banker umbauen.

Für das noble Haus am Paradeplatz habe ich schon einige Vorschläge gehört: Aushöhlen, Stadion rein – passt wohl nicht ganz. Den Koch-Areal-Besetzern eine neue Bleibe bieten? Sähe sicher schmuck aus, so mit Transparenten «Zureich» oder «alles wird gut» an der Fassade, dazu ein satter Musikteppich, der aus den stattlichen Mauern wabert. Eine schöne Idee ist auch, den ehemaligen CS-Hauptsitz in Genossenschafts-Wohnungen umzubauen. «Zentral gelegen Acht-Zimmer-Wohnung mit eigenem Panzertüren-Safe, 1870/Mt.» Die Schlange für die Bewerbungen würde vermutlich zwei Mal ums Seebecken reichen. Ich favorisiere allerdings, dass ich das Gemäuer selber bewohne. Ich würde vermutlich sowas wie eine Generationen-WG machen, so mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen aller Altersstufen, mit eigener Besenbeiz und Band-Übungskeller im gepanzerten Safe-Raum und einem SKA-Skimützen-Lismerraum.

Wo wir grade bei Erwachsenen sind, die sich merkwürdig verhalten: Der Bund hat zwar getan, was er tun musste, bei einem Institut, das zu gross zum Scheitern ist – aber war das wirklich die beste Lösung, die Credit Suisse zum M-Budget-Preis an die UBS zu verhökern und damit noch ein grösseres Monster zu erschaffen? Ich habe da so meine Zweifel. Immerhin hat die Stadt Zürich sofort reagiert und die Züri-Seck im Credit-Suisse-Farbgewand (blaue Schrift auf weissem Grund) ausgetauscht durch schöne Güselseck so voll in Blau mit weisser Schrift.

(Tagblatt der Stadt Zürich, 29.03.2023 )

Fitte Festtage

Ich hab’s geschafft! Ich habe mein Vorweihnachtsgewicht gehalten. Irgendwie bin ich allen Völlereien und Guezlis aus dem Weg gegangen und habe höchstens eine supertiefe zweistellige Zahl Weihnachtsgebäck gemampft. Das Ziel war zwar Null, aber bei Zimtsternen bin ich affektlabil und die Anderen habe ich aus Höflichkeit gegessen. Ehrlich! Hey, wenn da auf so einem Guezli Dein Name steht und die charmante Bäckerin Deine Tochter ist, die Dir platzend vor Stolz das selbstgemachte Gebäck noch warm auf einer Serviette reicht, musst Du schon ein ziemlicher Kloakenwurm sein, um Nein zu sagen.

«Raus kommt es immer; die Öffnung ist entscheidend.» © Abigail Miller / Unsplash

Auch die grossen Fressorgien blieben aus. Wenn ich zurückdenke, was meine Oma damals veranstaltet hat. Das waren Kalorien- und Cholesterinbomben noch und nöcher. Meine Oma hat so gekocht, dass man meinen könnte, sie wollte, dass wir beide gleichzeitig sterben. Sie kannte keine Pronomen, aber sie war ein kreatives Kochgenie. Oh Mann! Damals hielten wir George Michael noch für hetero, die Swissair war kerngesund und neben dem Tisch sass Boris, unser Neufundländer-Labrador-Mischling, der sabberte während wir assen. Boris musste ich wie so einem Blackjack-Croupier im Casino meine leeren Hände zeigen, wenn ich fertig gegessen habe. Das ist lange her. Boris, George Michael und meine Grosseltern haben alle schon ein kleines Gärtlein auf dem Bauch.

Anstelle eines weiteren Festessens haben wir in Baden die neue Therme besucht, wo man zu sphärischer Musik von Boris Blank in eine Salzlösung steigen kann, die einen trägt wie das Wasser im Toten Meer. Das sieht so aus wie im Science-Fiction-Film der Raum, in dem Aliens Menschen in einem Substrat schwimmend züchten. Creepy. Der Nachmittag hat mit Familie und einem Happen Essen etwa den Gegenwert von zwei Kilo Rindsfilet gekostet. Das behalte ich mir als Option für nächstes Jahr. Jetzt kommt die Zeit der Partys. Hier ein Pro-Tipp: Wenn Du weisst, dass Du am Abend viel trinken musst, dann iss vorher eine Banane, eine Orange, und hundert Gramm Himbeeren. Das hilft zwar nicht, sieht aber hübscher aus, wenn es wieder rauskommt!

(Tagblatt der Stadt Zürich, 04.01.2023)