Tod, Steuern und Sommerzeit (+)

In zehn Tagen ist wieder Sommerzeit; das Wochenende wird um eine Stunde verkürzt. Niemand will das, trotzdem müssen da alle durch. Warum kann man die Zeitumstellung nicht wenigstens so gestalten, dass jeder was davon hat? Sagen wir, Freitag um 15 Uhr stellen wir die Uhr eine Stunde vor. Hey, ich wäre dabei. Stattdessen geht man am Sonntag um 1:59 Uhr aufs Klo und zwei Minuten später wieder ins Bett, um später den Enkeln erzählen zu können, man habe einmal mehr als eine Stunde ununterbrochen gestrullt.
Nur ein einziges Mal war die Sommerzeit für etwas gut. Als ein Bombenbauer den Zeitzünder nach Sommerzeit eingestellt hat und die Terroristen die Höllenmaschine nach Normalzeit platzieren wollten, hat sie das Schicksal auf dem Weg dorthin ereilt. Sonst kann ich mir keinen Vorteil vorstellen.
Den Blödsinn hat übrigens Kaiser Wilhelm 1916 eingeführt, damit das Volk Kerzenwachs und Kohlebriketts spart. Ist wohl auch 99 Jahre später noch voll der Bringer in der Kerzen- und Kohle-Szene.
Die Auswirkungen sind fatal: Zur Essenszeit habe ich noch keinen Hunger, und zur Schlafenszeit bin ich noch nicht müde, aber der Wecker rasselt eine Stunde früher. Jet Lag auf gesetzliche Anordnung. Vielleicht ist das alles ein Komplott der Kaffeeindustrie? Immerhin muss ich meinen Töchtern nicht mehr jeden Abend erklären, warum sie bei prallem Sonnenschein schon ins Bett müssen. Sie sind nicht einsichtiger geworden, dürfen aber länger aufbleiben. Ich such schon mal die Gebrauchsanweisung für den Backofen, um die doofe Uhr umzustellen. Wenigstens zeigt die Zwiebel im Auto zum ersten Mal seit Oktober wieder die richtige Zeit.

Kolumne im Tagblatt der Stadt Zürich vom 18. März 2015

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