Schall und Rauch

In meiner sonst eher ruhigen Wohngegend knallt es an Silvester gewaltig. Die Quartier-Warlords stellen jeweils wahlweise den Soundtrack der Landung in der Normandie, die Panzerschlacht von Kursk oder das Stahlgewitter von Stalingrad nach. Nicht so an diesem Jahreswechsel. Der Auftakt liess noch Schlimmstes vermuten: Böller, Leuchtspuren, Blitze, ohrenbetäubende Detonationen. Doch gegen 23 Uhr ebbte das Inferno ab. Erst dachte ich, das sei die Ruhe vor dem Sturm. Aber auch nach Mitternacht – nichts, was aus dem bürgerkriegsähnlichen Akustik-Teppich der Stadt herausstechen würde. Hat sich rumgesprochen, dass Explosivstoffe nicht von der Steuer absetzbar sind? Greift das Kyoto-Protokoll jetzt schon im Quartier? Oder leiden meine Nachbarn unter vorzeitigem Raketenabschuss? Vielleicht konnten sie ja in der pulvergeschwängerten Luft ganz einfach die Munition nicht mehr finden. Die Rauchschwaden vermischt mit dem Nebel liessen Zürich ein wenig aussehen wie Beijing an einem fast smogfreien Tag. Gute Vorzeichen für ein neues Jahr.

Kolumne im Tagblatt der Stadt Zürich vom 6. Januar 2016

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