Ich war am Sonntag mit meiner Frau Gemahlin in der Letten-Badi und – sie hätten‘s nie gedacht – wir waren nicht alleine. Eine gefühlte Million Menschen hatte die gleiche Idee und war schon vor uns da. Kein Flecken Grün, auf dem man sich noch hätte ausbreiten können. Dann halt Tüechli übers Geländer und ab in den Fluss. Gut abgekühlt gaben wir uns auf schattigen Brettern mit Kaffee und Zeitung dem gepflegten Nichtstun hin und schauten den Sonnenbadenden zu. Innert einer knappen Stunde spielten sich verschiedene kleine Tragödien ab: Da ein Smartphone, das zwischen den Bohlen den Weg ins Wasser gefunden hat, dort eine Ray Ban, die auf Tauchstation gegangen ist, oder das Glacé auf dem weissen Badekleid: «Schnell, gang under d’Duschi!» «Ich hami aber nüme welle nass mache». Drama, Baby! In der Badi gibt es immer was zu sehen, mitleiden, freuen oder staunen. All die Menschen, die beim wo-auch-immer-hingehen ständig an sich runterschauen, ob das Badekleid nicht verrutscht ist. Die Hautkrebs-Kandidaten, die sich trotz tomatiger Hautfarbe in der Sonne legen. Das Züriberg-Kind mit dem XXL-Handy-Vertrag: «Ich mach der en WLAN-Hotspot, denn chasch de Federer luege.» Und natürlich all die vorbeispazierenden Tattoos: Von Knast-Kritzeleien bis zu Kunstwerken ist alles vertreten. Erkenntnis des Tages: Auf einem Sonnenbrand kommt ein Tattoo erst richtig zur Geltung.
Kolumne im Tagblatt der Stadt Zürich vom 9. Juli 2014