Kulturfernsehen

Neulich ist mir aufgefallen, dass am Fernsehen recht viele Joghurtwerbungen gezeigt werden. Und es sind fast immer Frauen, die genüsslich die Milchsäurebakterien in sich hineinschaufeln. Ehrlich, ich möchte einmal im Leben so befriedigt dreinschauen, wie diese Frauen, wenn sie sich einen Löffel von der labberigen Pampe in den Rachen schieben. Und dann wird die Bazillenmilch auch noch angepriesen wie ein Medikament. Na ja, vom Preis her trifft das auch zu. Aber irgendwie muss die teure Fernseh-Werbung schliesslich finanziert werden. Da stellt sich die Frage nach dem Huhn und dem Ei: Sind Joghurts nur wegen der Werbekosten so teuer, oder sind sie so teuer, dass man sie nur mit TV-Werbung loswird? Immerhin bekommen mit Joghurtwerbung auch Privatsender ein wenig Kultur ins Programm. Aber zurück zum kulinarischen: Ekeln Sie sich auch vor dem halbtrockenen Teil am oberen Rand? Diese mehlig-bröcklige Konsistenz, die nichts mit der sonst so crèmig-süssen Verheissung zu tun hat? Aber wenn Sie es fein säuberlich mit dem Löffel wegkratzen und unter den Rest mischen, dann ist es wieder O.K. Um diese genussverzögernde Arbeit zu verkürzen, habe ich früher meine Joghis vor dem öffnen richtig gut geschüttelt. Damals hielt ich das für eine gute Idee. Wissen Sie was? Tun Sie’s nicht. Der Deckel könnte nicht fest sitzen. Ich musste die Küchendecke drei Mal streichen.

Kolumne im Tagblatt der Stadt Zürich vom 5. März 2014

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