Zeit für ein Geständnis: Alle drei Jahre verfalle ich dem alpinen Dreikampf Schwingen, Hornussen und Steinstossen. Die Kerle, die da antreten sind sowas von weit weg vom Durchschnittsmenschen wie NBA-Basketballstars. Die Eidgenossen sind zwar nicht ganz so lang, dafür umso breiter. Da sind Ochsen unterwegs, die haben Unterarme wie ich Oberschenkel und an Stellen Muskeln, wo ich nicht mal Stellen habe. Dann dieses unprätentiöse auftreten: Zügiger Gang ins Sägemehl, Händeschütteln und los geht’s. Wäre dieser Sport amerikanisch, würde der Kämpfer von einem Dutzend leicht bekleideter, glänzend geölter Cheerleader auf einer Sänfte hereingetragen, während der Speaker eine beeindruckende Statistik runterleiern würde, noch bevor die Fanfaren verklungen sind. Der Anlass hiesse auch nicht «Eidgenössisch», sondern irgendwas mit «world». Die Outfits wären dann auch keine Hemden, wie man sie im Heimatwerk findet, sondern was Schrilles aus Polyvinyl-Chrom-Neon-Latex. Interessant wäre auch, wenn der TV-Kommentar nicht helvetisch-sachlich wäre, sondern vielleicht etwas emotionaler à la südamerikanischer Fussball-Moderator. Alternativ könnte der Schlussgang auch von Jorge Gonzalez oder Bruce Darnell kommentiert werden. Drama, Baby! Nur mit dem Titel wird’s schwierig. Der «King of Swing» gehört schon Benny Goodman und ich bin nicht sicher, ob jemand überhaupt der «Swinger-King» werden will.
Kolumne im Tagblatt der Stadt Zürich vom 4. September 2013