Neulich habe ich im Tagi gelesen, dass man sich überlege, das bröckelnde Globus-Provisorium beim HB zu erhalten. Der Bau sei «architektonisch, städtebaulich, aber auch sozialgeschichtlich durchaus relevant». Was?! Dieser krude Klotz, der in der gründerzeitlichen Architektur rund um den Bahnhofplatz aussieht, wie ein Tiefseefisch in einer Singvogel-Volière, soll architektonischen Wert besitzen? Bloss, weil es am Wasser ist, ist es noch längst nicht das «Falling Waters» von Zürich. Für mich sieht gute Architektur anders aus.

Das Gehütt wurde garantiert nicht vom Globus-Architekten gestaltet, der war viel zu beschäftigt mit dem Entwerfen des Warenhauses, sondern von dessen Lehrling und der hat Zürich gehasst. Ein Basler, womöglich? Jedenfalls ein Superschurke, dessen übles Werk ihn nach 61 Jahren wohl schon überlebt hat. Provisorium? Meine Fresse! In Zürich gab es stattliche Wohnhäuser und Gewerbebauten, die nicht so langlebig waren. Wenn es wirklich instand gestellt werden soll, dann bitte im Spreitenbacher Industriequartier, aber nicht an einem Ort, der touristisch so wertvoll ist, wie das Papierwerd-Areal. Jeder Reisende, der nach Zürich kommt, und am Bahnhofquai ins Tageslicht tritt, sieht als erstes nicht die Altstadt oder die Limmat, sondern diese städtebauliche Abomination, diesen Lebensmittel-Bunker desselben Grossverteilers, der dieser Stadt schon einen brutalistischen, fensterlosen 118-Meter-Getreide-Silo beschert hat. Ich wittere eine Basler Verschwörung: Coop (Hauptsitz in Basel) versucht mit allen Mitteln das Zürcher Stadtbild zu ruinieren. Die beiden grössten Schandflecke in Zürich tragen den Coop-Schriftzug.

Mal ehrlich: Das Globus-Provisorium sieht aus, als hätte man nach dem Krieg eine ausgebombte Ruine so schnell als möglich mit einem funktionalen Plattenbau ersetzen wollen. Reisende aus Osteuropa, die solche Anblicke gewohnt sind, fühlen sich natürlich sofort heimisch. Das kann doch nicht das Ziel sein. Würde man diese trostlose Doppelturnhalle in den Weltraum schiessen, und Ausserirdische würden sie finden, nähmen die das zweifellos als Akt der Aggression wahr. Der Bau sieht so aus, wie Grippe sich anfühlt: Sehr, sehr übel. Jedes Mal, wenn ich mit dem Tram das Limmatquai runter oder vom Central Richtung HB fahre und den groben Klotz sehe, erbreche ich ein kleines Bisschen in meinen Mund. Hat der Bau Charakter? Wenn ja, dann einen besonders schlechten. Wäre es ein Lebewesen, nicht einmal seine eigene Mutter hätte es lieb. Wenn diese Zombie-Festung wirklich der Nachwelt erhalten bleiben soll, dann von mir aus in einem finsteren Winkel im Freilichtmuseum Ballenberg, aber nicht im Zentrum meiner Stadt.
(Tagblatt der Stadt Zürich 27.04.2022)